Sollte ich in Bitcoin investieren?
Der Kurs für Bitcoin, die gerne auch als digitales Gold bezeichnet werden, ist von Anfang November bis heute von rund 66'000 USD auf 99'000 USD gestiegen. Das entspricht einem Kursanstieg von rund 33% innert weniger Wochen. Logisch kitzelt es da in den Fingern eines jeden Gambler-Herzens. Doch was ist Bitcoin eigentlich? Was sind die Hintergründe für den immensen Kursanstieg? Und worauf lassen sich Anleger*innen bei einer Investition in Bitcoin ein?
Was ist Bitcoin?
Vornweg, was ist Bitcoin eigentlich? Bitcoin ist eine digitale und dezentrale Währung, die 2009 von einer anonymen Person alias Satoshi Nakamoto gegründet wurde. Entgegen traditionellen Währungen wie beispielsweise dem US Dollar, Euro oder Schweizer Franken, handelt es sich bei Bitcoin um eine digitale Währung, die nicht zentral kontrolliert wird.
Nicht kontrolliert – das mag sich im ersten Moment nicht sehr verheissungsvoll anhören. Doch ist die Kontrolle der Währungen durch die Zentralbanken genau das, was die Verfechter von Bitcoin am Währungssystem mit Fiatgeld kritisieren. Also kurz einen Schritt zurück. Was ist Fiatgeld und wie funktioniert unser Währungssystem mit traditionellen Währungen?
Fiatgeld ist das Geld, das wir alle kennen und alltäglich benutzen, US Dollar, Euros, Schweizer Franken. Der Wert des Fiatgeldes beruht dabei nicht auf dem Gegenwert des physischen Rohstoffes (zumeist Papier und Kupfernickellegierungen), sondern auf dem Vertrauen, das wir in die Zentralbanken und Regierungen haben. Die Zentralbanken wiederum steuern den Wert des Geldes über den Leitzins und die sich im Umlauf befindliche Geldmenge. In den letzten Jahren verfolgten die Zentralbanken mit Leitzinssenkungen eine sog. expansive Geldpolitik, die darauf abzielt, die Geldmenge zu erhöhen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern, was aber auch gleichzeitig die Inflation begünstigt. Dies insbesondere nach der Finanzkrise und während der COVID-19-Pandemie.
Und genau an diesem Punkt setzen die Verfechter von Bitcoin mit ihrem Finanzsystem an. Denn Bitcoin ist eine dezentrale, nicht durch Zentralbanken kontrollierte Währung, die auf eine Gesamtmenge von 21 Millionen Einheiten begrenzt ist (fixed supply) und nicht wie Fiatwährungen unbegrenzt gedruckt werden kann und damit inflationären Tendenzen ausgesetzt ist. Dazu sei gesagt, dass von den 21 Millionen Bitcoin aktuell 19.1 Millionen erstellt wurden. Der letzte Bitcoin wird voraussichtlich 2140 erstellt.
Wie werden Bitcoins erstellt?
An dieser Stelle ein kurzer Ausflug dazu, wie Bitcoins geboren werden. Im Fachjargon spricht man von Mining. Bitcoins werden also «gemined» oder auf Deutsch geschürft – wie Gold. Der Vergleich zu Gold kommt auch daher, dass sowohl bei Gold als auch Bitcoin die Gesamtmenge begrenzt ist. Aber zurück dazu, wie Bitcoin geschürft werden: Dies geschieht bei Bitcoin nicht in Goldminen, sondern über Computerleistung. Man kann sich das Erstellen eines Bitcoins in etwa so vorstellen, wie ein Puzzle, das es zu lösen gibt. Die Miner, also diejenigen, die Bitcoins erstellen, verwenden dafür spezielle Hardware, mit der sie komplexe mathematische Probleme lösen, die dann als «Proof of Work» bezeichnet werden. Wer die Aufgabe löst, bekommt als Belohnung einen neuen Block, der dann der sog. Blockchain hinzugefügt wird. (Blockchain ist die Technologie, die dabei verwendet wird. Im Grunde handelt es sich um eine Datenbank, die nicht an einem zentralen Ort steht, sondern über ein Netzwerk von Knotenpunkten verteilt existiert.)
Dafür ist eine enorme Rechnerleistung erforderlich, die eine erhebliche Menge an Energie benötigt, sowohl für die Erstellung von Bitcoins als auch, um das Netzwerk zu erhalten. Aktuell wird der Stromverbrauch allein für das Jahr 2024 year-to-date, also von Beginn des Jahres bis heute, auf 140 Terawattstunden geschätzt bzw. kumuliert seit Bestehen des Netzwerks von Bitcoin auf 639 Terawattstunden (Quelle: Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index). Um einen Vergleich heranzuziehen: Die 140 Terawattstunden entsprechen in etwa einem Viertel des jährlichen Stromverbrauchs in Deutschland, oder fast dem zweieinhalbfachen des jährlichen Stromverbrauchs in der Schweiz.
Das stimmt Klimaaktivisten nicht unbedingt freudig, wie man sich denken kann. Bitcoin-Fans erwähnen dann in dem Zusammenhang, dass doch immerhin über die Hälfte, ca. 60% der benötigten Energie aus erneuerbaren Energien stammt.
Wozu sind Bitcoins gut?
Doch gehen wir einen Schritt weiter, wofür sind Bitcoins gut, wofür können sie eingesetzt werden? Achtung, jetzt wird es spannend!
In erster Linie hat Bitcoin die Funktion eines Wertspeichers mit Inflationsschutz. Denn wie schon mehrfach erwähnt, handelt es sich bei Bitcoin um eine Währung, die in ihrer Menge begrenzt ist und nicht wie traditionelle Währungen beliebig gedruckt werden kann. Dies war im Übrigen auch die Grundidee bei der Erfindung von Bitcoin, die aus dem Misstrauen gegenüber zentralen Institutionen und der Inflation staatlicher Währungen entstand.
Zweitens, und das wird manche überraschen, handelt es sich tatsächlich um ein Zahlungsmittel. Bitcoin wird effektiv von immer mehr Online und Offline-Händlern als Zahlungsmittel akzeptiert. Inzwischen gibt es auch Kreditkarten, die an Bitcoin gekoppelt sind und so den Einkauf eines Laib Brots beim Bäcker mit Bitcoin ermöglichen.
Ein weiterer Vorteil ergibt sich daraus, dass Bitcoin dezentral, sprich ohne Mittelsmann (Intermediäre wie Banken und Zentralbanken) funktionieren. Der Geldtransfer erfolgt somit direkt, das heisst ohne Banken und dadurch zu geringeren Gebühren und schneller.
Kritiker sehen darin die auch die Kehrseite der Medaille: Ein Zahlungsmittel, das ohne Kontrolle genutzt werden kann, öffne Tür und Tor, um kriminelle Geschäfte abzuwickeln. Ob die Kriminalität dadurch steigt, sei einmal dahingestellt. Studien zufolge ist die kriminelle Energie bei Bitcoin nicht höher als in traditionellen Märkten. Dazu kommt, dass Bitcoin-Transaktionen nachvollziehbar sind und Kriminelle so auch schon identifiziert wurden.
In jedem Fall aber kommt der direkte und gebührenarme Geldtransfer auch beispielsweise Auswanderern zugute, die ihre Familien zuhause finanziell unterstützen. Damit verbunden ist auch die Idee der «finanziellen Inklusion». So hat doch ein Drittel der Weltbevölkerung aus unterschiedlichen Gründen keinen Zugang zu formalen Bankdienstleistungen. Sie sind «unbanked», haben also kein Bankkonto, und könnten durch Bitcoin ans Finanzsystem angeschlossen werden. Mit Bitcoin können Leute also auch ohne Bankkonto Geld kostengünstig transferieren; sie benötigen lediglich einen Internetanschluss.
Sollte man nun in Bitcoin investieren?
Zurück zur eingangs gestellten Frage, ob man in Bitcoin investieren sollte?
An dieser Stelle möchte ich unseren Bitcoin-Experten Eric Strauss aus unserem Team von UMushroom zitieren, der im Übrigen massgeblich inhaltlich an der Erstellung des Artikels beteiligt war.
«Bitcoin gehört in ein ausgewogenes Portfolio»
Eric Strauss, Bitcoin Experte UMushroom
«Bitcoin ist kein Casino», sagt er. «Man muss sich selbstverständlich der Risiken bewusst sein. Bitcoin sind hoch volatil. Und diese Volatilität muss man aussitzen können. Notfalls über Jahre. Man muss aber keine Angst haben, sein «Geld» zu verlieren. Die Erwartungen, wo die Reise mit Bitcoin hingeht, variieren stark. Da gibt es einerseits viel Spekulation in Bezug auf das Jahr 2025, das das nächste Jahr im Vierjahreszyklus bei Bitcoin sein wird. In der Vergangenheit hat Bitcoin alle vier Jahre eine überdurchschnittliche Wertsteigerung erfahren. Der Hintergrund dafür ist das sog. Halving. Ein Ereignis, das alle vier Jahre stattfindet, bei dem die Belohnung für die Miner, die neue Blöcke erstellen und hinzufügen, halbiert wird. Dadurch verringert sich die Menge neuer Bitcoins, es kommt zu einer Verknappung des Angebots und damit einem Preisanstieg, gefolgt von einem Bullenmarkt.
Es gibt Analysten, die sehen den «tipping point» für Bitcoin in der Zukunft bei 200'000 USD (Quelle: Forbes). Der VanEck CEO Jan van Eck geht mit seiner Prognose sogar noch weiter nach oben hinaus und behauptet, 300'000 Dollar pro Bitcoin seien denkbar, was der Hälfte der Marktkapitalisierung von Gold entspricht. Den Hauptgrund für den immensen Anstieg sieht er schlicht in der steigenden Nachfrage. Der Wunsch nach Unabhängigkeit und Schutz vor Inflation seien so gross.
Ob diese Erwartungen reine Spekulationen sind, wird sich zeigen. Jedenfalls hat Bitcoin mittlerweile seine Berechtigung in einem ausgewogenen Portfolio mit einem Anteil von sagen wir mal 2-5%», erklärt Eric.
Wie kann man in Bitcoin investieren?
Es gibt tatsächlich mehrere Möglichkeiten, um in Bitcoin zu investieren und man muss dafür auch keine 99'000 USD (aktueller Marktpreis für 1 Bitcoin) besitzen.
Eine Möglichkeit ist es, Bitcoins direkt an einer Kryptobörse oder via Broker, zum Beispiel Swissquote, zu kaufen. Dabei kann man auch einen Anteil an einem Bitcoin erwerben in Form von Satoshis (benannt nach dem Pseudonym des Erfinders von Bitcoin). Ein Satochi ist dabei die kleinste Einheit von Bitcoin und entspricht einem Hundertstel eines Bitcoins oder umgekehrt formuliert 1 Bitcoin = 100'000'000 Satochi. Man kann also bereits mit sehr kleinen Beträgen investiert sein.
Darüber hinaus bietet sich auch die Möglichkeit, in einen ETF zu investieren, der den Bitcoin-Kurs nachbildet, oder auch Derivate.
Und um gleichzeitig auch die Frage zu beantworten, ob und wie man desinvestieren kann, also Bitcoins verkaufen und in alt-bekannte Währungen umwandeln: Ja, auch das geht, und zwar genau gleich wie ein Kauf, an einer Kryptobörse oder via Broker. Eric amüsiert das, denn er als grosser Enthusiast findet:
«Niemand würde Bitcoins jemals hergeben, wenn er nicht muss.»
An dieser Stelle werde ich nachdenklich bzw. bin kurz davor, den Knopf zu drücken und mir eine erste Tranche Bitcoin zu kaufen. Erics Ausführungen sind zu verheissungsvoll. Und doch bleibt der Gedanke, ob das nicht alles eine Riesenblase ist. Das Thema bleibt auf jeden Fall spannend.
Interessierten empfehle ich auch in jedem Fall, unserer Rubrik KryptoKompakt zu folgen.